Vergessene Arbeiten

Aus Dorfchronik
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In der Landwirtschaft wurden Arbeiten durchgeführt, die heute nicht mehr notwendig sind, oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr gemacht werden.

Federn schleißen

Dies war eine Arbeit der Frauen im Winter: "Von Gänsefedern den Flaum von den Kielen abziehen", zit. aus dem Österreichischen Wörterbuch.

Bild: Frauen aus Raggendorf beim Federnschleißen, Anfang der 1980er. Bildquelle: Regina Schuster, Raggendorf
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Federnschleißen
Eine Zeitzeugin, Regina Schuster, erzählt:

An einem großen Tisch sitzen Frauen mit ihren Freundinnen, Nachbarinnen und weiblichen Verwandten. Es ist ein Herbst- oder Winterabend, und die Arbeiten am Feld und im Weingarten ruhen. Die Hausfrau hat nun mehr Zeit, die monatelang vorher in Papiersäcken gesammelten Federn der hauseigenen Gänse und Enten hervorzuholen. Diese durften nur trocken abgefüllt werden.

Die Federn werden am Tisch verteilt. Es müssen alle Fenster geschlossen bleiben und die Tür auch, damit kein Luftzug entsteht, der die Federn im Raum verteilen könnte. Jede einzelne Feder ist sehr wertvoll - die kleinen weißen am wertvollsten - weil am weichsten. Die Gruppe von Frauen hilft der Hausfrau beim Schaffen einer Polster- oder Tuchentfülle. Sie nehmen die Feder in die eine Hand, und mit der anderen entfernen sie die feinen, weichen Federnteile vom Kiel. Dieser ist Abfall, und wird auf den Boden geschmissen. Das Abgeschlissene – der Flaum - wird in selbstgenähte Polster- und Tuchentinlets gefüllt. So entsteht das handgemachte, warme Bettzeug für die Hausfrau und ihre Familie. Es dauert Stunden, oft Tage bis alle Federn geschlissen und die gemeinsame Arbeit und das Zusammenhelfen beendet werden konnte.

Jedes Mal ist es eine gesellige, lustige Runde, bei der gleichzeitig viel besprochen und über Dinge geredet wird, die jede der einzelnen Frauen bewegen. Anstatt die Federn der Gänse und Enten einfach wegzuwerfen, schaffen die Frauen gleichzeitig eine sinnvolle Verwertung eines Nebenproduktes und das Ausleben der zwischenmenschlichen Beziehungen.


Federnschleißen
Text von Gerhard Frohner, 2010

Jede Mutter war bestrebt der Tochter im Falle ihrer Verheiratung Tuchenten und Polster mitzugeben. Daher hielt man am Hofe Gänse, welche zum einem einen köstlichen Feiertagsbraten lieferten, zum anderen die Federn. Um die Federn auch zu vermehren, wurden diese Gänse vor der Mauser gerupft. Bei der Schlachtung wieder achtete man peinlich darauf, dass kein Blut auf die Federn kommt, denn durch dieses wurden später die Motten angelockt.

Das Federnschleißen war ein Ritual, welches schon Tage zuvor begann. Es wurde gebacken, die Frauen mussten verständigt werden und die Federn in wärmere Räume gebracht, denn warme Federn ließen sich leichter verarbeiten.

Am Abend dann versammelten sich die Nachbarinnen um den großen Küchentisch, wo in der Mitte ein riesiger Federhaufen platziert wurde. Husten, Niesen und hastige Bewegungen waren verpönt, da das Federmaterial leicht in Bewegung kam. Von jeder einzelnen Feder wurde nun der Flaum vom Kiel gezogen, der Kiel unter den Tisch geworfen und dazwischen begann der amüsante Dorftratsch. Mit Inbrunst wurden vor allem die Mädchen, sowie die jüngeren Frauen mit allen möglichen Männern in Verbindung gebracht.

Gegen 22 Uhr wurde zusammengeräumt, die Kleider soweit es ging, vom Flaum abgeklopft und dann setzte man sich wieder um den Tisch und genoss Tee mit Kuchen. Spät wurde dann der Nachhauseweg angetreten.

Dabei passierte der Rosa Tante folgende Geschichte:
Sie muss auf ihrem Weg hinunter zu ihrem Haus um die damals noch vorhandene Friedhofecke. Ortsbeleuchtung gab’s nicht, die Nacht war stockdunkel. Um die Friedhofecke stößt sie mit jemandem zusammen, erschrickt und schreit auf. Vom Gegenüber kommt eine beruhigende Stimme: „Nur ka Angst, bin i nur der Todt“!
Es war der Toth Janoš, der ebenfalls auf dem Nachhausweg war.


Kukuruz-Mais

Text von Gerhard Frohner

Die Bezeichnung „Mais“ (zea mays) ist erst heute gebräuchlich, vor allem seit die Züchtungen als Hybriden gebräuchlich wurden. Früher war es der „Kukuruz“ (ausgesprochen gugaruz in Wien, Ober- und Niederösterreich). [1] Der Kukuruz war früher eine einfache Sorte, mit vielen verschiedene Farbschattierungen. Die Körner der Vorjahres-Ernte wurden wieder angebaut. Der Ertrag war im Vergleich zu heutigen Züchtungen sehr bescheiden. Die heutigen Sorten sind Hybriden aus Inzuchtlinien.

Kukuruz auslösen:

Viele Handarbeitsschritte waren erforderlich. Von der Aussaat mit der Hand, dem Unkrautfreihalten, bis zur Ernte, bei der die reifen Kolben mit der Hand heruntergebrochen und nach Hause gefahren wurden.

Daheim versammelten sich abends viele Freunde, Nachbarn und hauseigene Leute, um die Kolben von den Lieschen zu befreien. Zu jeweils vier oder zu zwei Kolben wurden diese zusammenzubinden und zum Nachtrocknen auf Stangen gehängt. Es war eine Tätigkeit welche Freude bereitete.

Viel Dorftratsch und –klatsch wurde zum Besten gegeben. Die Jüngeren hatten wieder viel Spaß, wenn ein Bursch oder Mädel einen Kolben entblätterte, welcher eine schöne rote Farbe hatte. Dies berechtigt sich einen Partner auszusuchen und mit diesem einen Kuss zu tauschen. Natürlich hatten schlaue Burschen einen roten Kukuruz neben sich versteckt, welcher im passenden Moment hervorgezaubert wurde.

Tisch-Maisrebbler, Quelle: "Schlipfs Handbuch der Landwirtschaft 1952.

Kukuruz rebeln

Dies war dann wieder eine Winterarbeit, wo im Stall oder einem sonstigen warmen Ort eine Holzkiste stand. Darauf ein Sitzbrett mit einem eingeschlagenen Messer. An diesem wurden die Körner von den Kolben gerebelt. Es wurden auch einfache Geräte, wie der Tisch-Maisrebbler verwendet. Siehe nebenstehendes Bild.

Nur mehr die leeren Spindeln blieben übrig. Diese waren dann ein beliebtes Heizmaterial. Die Kukuruzkörner wurden sodann geschrotet und für die Schweinemast verwendet. Schweine mussten damals, im Gegensatz zur heutigen Zeit, eine ordentliche Speckschichte haben. Nach einem Schlachttag kam immer von den Nachbarn die Frage: „Wie viel Liter Schmalz hatte das Schwein?“

Kartoffelkäfer suchen

Eintrag in der Schulchronik:
"23.Juni 1950: 2. Kartoffelkäfer-Suchtag. Die Kinder der 4. u. 3. Klasse (8. bis 4. Schuljahr) und die Schüler der Ackerbauschule, sowie die bäuerliche Bevölkerung, in je 10 Gruppen aufgeteilt, nehmen daran Teil. Es wurde kein Schädling gefunden."

"21. Juli 1950: 3. Kartoffelkäfer-Suchtag. Es wurden keine Käfer gefunden."

"25. August 1950: Letzter Kartoffelkäfer-Suchtag. Teilnehmer: 10 Schüler der Volksschule der 4. Klasse, 10 Ackerbauschüler, Herr Hofer, Bauer von No 20, und eine Arbeiterin der Bauernwirtschaft des Herrn Leopold Ricker. Fünf Gruppen verteilten sich strahlenförmig, um die Kartoffeläcker abzusuchen, kleine Fläschen mit etwas Petroleum wurden mitgenommen, um im Falle des Antreffens von Käfern oder oder Larven sie dort aufzubewahren. - Es wurden kein Käfer gefunden."


Rüben vereinzeln

Die Zuckerrüben wurden früher mit der normalen Drillsämaschine angebaut. Aus den einzelnen Rübensamenkörner keimten mehrere Triebe, es wurde aber nur EINER gebraucht. Die anderen, überzähligen wurden mit der Hand ausgezupft. Außerdem wurden sehr viel mehr Körner gesät. Mit der Rübenhacke ("Rübenheindl") wurde so ausgedünnt, dass etwa alle 15 - 20 cm ein Rübenpflänzchen stehen blieb. Gleichzeitig wurde auch das Unkraut entfernt.


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Bildquelle: Martin Grimling


Bild: Arbeiterinnen der Landwirtschaftlichen Fachschule in den 1950er Jahren beim Rüben-vereinzeln. Personen in Bildmitte: Steffi Manschein (geb. Kögl), Frau Semler. Bildquelle: Gerhard Fuchs.

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Kartoffeln scheren

Hochdeutsch heißt diese Arbeit: "Kartoffeln hacken". Dabei ging es in erster Linie um die Bekämpfung des Unkrautes. Es wurde "ausgehackt". Zwischen den Reihen zogen Pferde die Hackmesser. Aber in der Reihe, zwischen den einzelnen Kartoffelstauden wurde das Unkraut mit menschlicher Arbeitskraft entfernt.

Das Bild zeigt eine Schar Landarbeiter beim Kartoffeln scheren.

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Fotoquelle: Günther Zier

Kartoffeln klauben

Kartoffeln wurden früher mit der Hand auf den Feldern aufgelesen und in Säcke gefällt. Am Abend wurden diese Säcke auf Anhänger mit Muskelkraft aufgeladen und abtransportiert. Eine Arbeit, die heute undenkbar wäre. Die Kartoffelernte läuft mit Kartoffelvollerntemaschinen.

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Bildquelle: Martin Grimling

Kunstdünger sieben

In den Anfängen der mineralischen Düngung (mit "Kunstdünger") wurde der Kali-Dünger in großen Säcken geliefert. Der Kali-Dünger wurde als Kalisalz (Kalziumchlorid) in den Bergwerken gewonnen und zum Landwirt transportiert. Die Säcke wurden oft während des Transportes über den Seeweg nass und dann steinhart.
Die Landwirte mussten die Säcke aufschneiden und die großen Brocken Kalidünger mit Schlegeln und Hacken zerkleinern. Anschließend durch ein Sieb werfen (Wurfgatter) und wieder in Säcke füllen und auf das Feld transportieren. Manche Landwirte hatten schon Düngerstreuer, aber oft wurde der Kunstdünger mit der bloßen Hand gestreut. Man nannte das Düngerstreuen auch "salzen".

Das Bild aus den 1050er Jahren zeigt Arbeiter der landwirtschaftlichen Fachschule wie sie Dünger zerkleinern, die großen Brocken heraussieben und den feinen Dünger wieder in Säcke einfüllen.

Rechts im Bild und Vordergrund: Fachoberoffizial Leopold Manschein, Bildquelle: Elisabeth u. Gerhard Fuchs
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Quellenangaben: