Sagen

Aus Dorfchronik
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Sagen und Erzählungen aus Obersiebenbrunn

Siehdichfür

Eine alte Sage, die sich in unterschiedlichster Literatur wiederfindet. Text: Ing. Robert Zatschkowitsch

Wer in früherer Zeit, als Obersiebenbrunn und Gänserndorf nur aus einigen Häusern bestanden, von einem Ort zum anderen wollte, kam auf halbem Weg an einer Einsiedelei vorbei, in der einige Mönche ihr frommes Leben fristeten. Im Sommer von der gnadenlosen Hitze gepeinigt und im Winter von den eisigen Stürmen geschwächt, waren die Wanderer froh, hier Obdach und Labung zu finden, ehe sie gestärkt zu ihrem Ziel wieder aufbrachen. Schien es doch, als lebten die Mönche hier nur ihr Leben für das Leben der anderen. Selbst manche rauhe Seele dankte nach solcher Einkehr Gott und segnete ihrerseits dieses Haus.

So klopfte es einmal an das Tor. Ein Bruder des gottesfürchtigen und menschenfreundlichen Ordens öffnete dem späten Gast. Der Fremde sprach dem Dargebotenen reichlich zu. Kaum war er aufgestanden, wie um beiläufig nach dem Wetter zu sehen, pochte es wieder an die Pforte. Auch diesem Gast wurde Speise und Trank dargebracht. Der Neuangekommene löffelte noch an der Suppe, als der nächste Einlass begehrte. Das wiederholte sich so oft, bis so viele Gäste als Mönche in der Klause waren. Die gutmütigen Mönche freuten sich über den regen Zuspruch und wunderten sich, dass an diesem Tag so viele Menschen wie nie zuvor unterwegs waren, obwohl das Wetter gar nicht so einladend für eine Reise schien. Sie luden die zur Gesellschaft angewachsenen Gäste zu einer gemeinsamen Messe ein.

Wie jedes Gesindel aber kannten diese Eindringlinge keine Dankbarkeit, sondern gaben sich nach der Wandlung als Räuber zu erkennen. Jetzt, da ihre Bande vollzählig versammelt war, fielen sie über die Mönche her und lohnten deren Hilfsbereitschaft mit Mord. Doch nicht genug der Übeltaten. Sie schlüpften in deren Kutten, steckten die Leichen der Mönche in die Räuberkluft und verscharrten sie im nahen Wald. Der nächste zufluchtsuchende Gast wurde von den falschen Mönchen zu Tisch gebeten, nur bekam er dort eins über den Schädel statt auf den Tisch. Damit hatte seine Wanderschaft ein jähes Ende gefunden. Die Summe für eine Schuld, die er an seinem Ziel hätte begleichen wollen, fanden schon hier ihre Abnehmer. Ähnlich erging es dem nächsten, der zuvor auf dem Markt ein gutes Geschäft gemacht hatte und nun den Erlös nach Hause bringen wollte.

So fanden auch die Pilger hier den richtigen Ort, um ihre Opfer für erflehte Hilfe anzubringen. Dass ihnen dabei früher als jedem anderen das Himmelreich zuteil wurde, war eine Gnade, die sie nicht erwartet hatten. Wer sich hier Mildtätigkeit erhoffte, stieß auf Gewalttätigkeit.

Da nun nur jene Reisenden ihr vorgegebenes Ziel erreichten, die ohne Unterbrechung von einem Ort zum anderen gewandert waren, machte man sich um die anderen Sorgen. Da jede Suche erfolglos verlief, wurde ein Gendarm aufgeboten, um bei den Mönchen vorzusprechen, ob die etwas über den Verbleib der Gesuchten wüssten. Der Gendarm wurde von den Klosterinsassen freundlich empfangen und bewirtet. Er fand auch nichts, wovon er hätte berichten können, was im Kloster nicht in Ordnung war. Erst ein mutiger Geselle, der während der Nacht in der Feldeinsamkeit am Kloster vorbeikam und nicht im Sinn hatte, dort einzukehren, sondern vielmehr die Klosterinsassen zu belauschen gedachte, hörte zu seiner größten Verwunderung statt frommer Gesänge wüste Lieder und lockere Reden. Als der Bursch in Gänstribendorf ankam, erzählte er sogleich dem Pfarrer davon. Dieser gab die Kunde an den Bischof weiter. Indessen erzählte der Bursche im Gasthaus, dass die Klosterbrüder in der Einöde ihr Gelübde vergessen hätten und ein wildes Leben führten.

Nach einiger Zeit ließ der Bischof durch einen Boten den Amtmann bitten, er möge noch einmal den Gendarmen nach dem bewussten. Kloster senden und den Insassen drei Fragen stellen lassen, die da lauteten: "Wer ist euer Herr?" - "Wie redet ihr ihn an?" - "Wo ist dereinst euer Reich?"

Der Gendarm machte sich abermals auf den Weg, wurde wieder von den Insassen freundlich empfangen und bewirtet, aber die drei Fragen konnten sie ihm nicht beantworten. In seiner Meldung hieß es, dass sich die ehrwürdigen Brüder in strenger Buße übten und dem Reden abgeschworen hätten, denn seine Fragen hätten sie ihm nur stumm begegnet. Auf die Frage nach ihrem Herren, hätten sie auf einen von ihnen gewiesen. Auf die Frage, wie dieser anzusprechen sei, haben sie sich in Schweigen gehüllt. Und bei der Frage nach ihrem dereinstigen Reich, hätten sie nach dem Wald gedeutet.

Als der Bischof davon vernahm, wusste er, dass es sich hier nicht mehr um die Brüder des selbstlosen Ordens handeln konnte. Er gab die Meldung an den Landesherren weiter. Der schickte einen Trupp Soldaten ins Feld, ließ die Klause belagern und abermals die drei Fragen stellen. Bei der dritten Frage eröffneten die Insassen das Feuer, um unter dessen Schutz das Weite zu suchen. Da aber das Gebäude bereits von Soldaten umzingelt war, gelang niemandem die Flucht. Wer von ihnen nicht von den brennenden Balken erschlagen wurde, der endete an einem Baum.

Das Kloster wurde nie mehr aufgebaut. Es verfiel in sich. Zuletzt fand man nur noch eine Grube vor, in die nach Meinung der Leute die Ruine samt und sonders versunken sei. Später wurde am Rande der Grube eine Kapelle erbaut. Auch die fiel bald in sich zusammen. Deshalb hat man noch später in einigem Abstand von dem einst sündigen Ort einen Bildstock errichtet. Wenn der heute auch kein Bild mehr trägt, kann man sich dank dieser Geschichte ein Bild davon machen, was sich hier dereinst einmal zugetragen hat.

Ein Gutshof, nicht allzu weit von der berüchtigten Stätte entfernt, hält uns heute noch die Mahnung vor Augen: "Siehdichfür". Wahrhaftig, eine gute Vorsehung hat noch niemandem geschadet. Zurzeit, als sich schlimme Leute hier herumgetrieben haben, sind die redlichen Wanderer nur in Begleitung eines Gendarmen, Richters und Henkers des Weges gezogen. Sie hatten sich auf diese Weise richtig vorgesehen.


Entstehung der Namen der Ortsrieden "Obern und Unterm Pfaffensteig" und "Kegelstatt"?

Erzählung eines Ortsbewohners, Text: Ing. Robert Zatschkowitsch

So kamen, nach dem Volksmund, die Felder Obern und Unterm Pfaffensteig und die Kegelstattremise zu ihren Namen:

Ehemals trafen die Dominikaner vom Markgrafneusiedler Karpfenhof, der Benediktiner von Untersiebenbrunn und der Pfarrer von Obersiebenbrunn einmal wöchentlich zu einer Kegelpartie zusammen. Damit sie nicht allzu weit hatten, war ihr Zusammenkunftsort die Kegelstatt, auf halbem Weg nach Obersiebenbrunn gelegen. Der Weg selber, den sie beschritten, war der Pfaffensteig.

Die karge Wiese

Ursprung unbekannt, Text: Ing. Robert Zatschkowitsch

Knapp außerhalb von Siebenbrunn befindet sich mitten im fruchtbaren Marchfeld eine karge Wiese, wo nur spärlich Gras wächst. Dieser Fleck eignet sich nur für genügsames Weidevieh. In alten Zeiten war auch diese Wiese ein fruchtbares, sehr ergiebiges Ackerland. Damals bewirtschaftete es der ehrwürdige Koller-Aehnl, der zwei Söhne hatte, die sich aber miteinander nicht recht vertrugen.

Eines Julimorgens, als der Vater mit seinen beiden Söhnen soeben begann, das Getreide zu mähen, streifte den Vater der Schlag.
Er spürte seine Kräfte schwinden und sah seine letzte Stunde nahen. So hielt er es für notwendig, seinen Besitz zu übergeben und sprach zu seinen beiden Söhnen: "Nehmt beide mein Haus, meinen Hof und alle Felder, aber schwört mir, dass ihr euch alles brüderlich teilt und dass ihr euch stets vertragt!" Die Söhne leisteten den Schwur und begannen nach dem Tod des Vaters gemeinsam zu wirtschaften.

Anfangs ging auch alles gut. Als aber die Jahre vergingen, begann ihnen das Spiel am Wirtshaustisch immer lieber zu werden. Statt selber die Felder zu bestellen, schickten sie lieber Knechte hinaus und vergaßen zunehmend, nach dem Rechten zu sehen, ob auch richtig gesät und genug gedüngt wurde.

Durch ihre Nachlässigkeit und das prasserische Leben schmolz der ursprüngliche Reichtum des Vaters zunehmend. Bald mussten sie Felder und Äcker verkaufen und es blieb ihnen nur mehr dieser eine Acker, auf dem sie einst dem Vater den Schwur geleistet hatten.

Wie hungrige Wölfe stritten sie um das letzte Stück Land und töteten einander im Streit. So hatte der Himmel den nicht gehaltenen Schwur der beiden gerächt. Seither liegt das Grundstück brach und niemand hat es jemals wieder geschafft, an jener Stelle reiche Ernten heimzubringen.