Feuerordnung Joseph II - Auszug

Aus Dorfchronik
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Feuerlöschordnung

(by Edgar Weyrich 1922 „Stimmen der Zeiten“)


Wir Joseph der Zweyte…

Um den traurigen, immer sich weit verbreitenden Folgen der ländlichen Feuersbrünste so viel möglich Einhalt zu thun, haben Wir für nöthig befunden, für das offene Land in Österreich unter der Enns eine Feuerlöschordnung festzusetzen, welche I. die Verhinderung, II. die baldige Entdeckung, III. die schleunige Löschung der Feuersbrünste, IV. endlich die Vorsicht gegen die Folgen, welche noch nach gelöschtem Brand sich ereignen können, zu ihrem Hauptaugenmerke hat.

§1. Da die unschickliche Bauart zur Entstehung der Feuersbrünste sowohl, als zu ihrer leichteren Verbreitung beytragen kann: so soll bey der Anlegungneuer Häuser darauf Bedacht genommen werden, daß nicht ein Haus an das andere gebauet, sondern, wo möglich, ein Raum von Einer Klafter zwischen jedem Hause gelassen werde. (Klafter, altes Raummaß, 3,386 Kubikmeter; Längenmaß = 1,9 m)

§2. Eben so sollen die Scheuern (Stadeln) entfernt von Häusern hinter den Gärten, oder, wo es geschehen kann, außer dem Orte selbst angelegt werden.

§12. Mit nicht geringer Sorgfalt muß darauf gesehen werden, daß durch Unvorsichtigkeit keine Feuersbrunst entstehe, und in dieser Absicht sollen das Strohschneiden, Dreschen, Flachsbrechen, Hecheln und dergleichen Arbeiten bey der Nacht entweder gar unterbleiben, oder nur bey Lichtern, die in gut geschlossenen Laternen verwahrt sind, verrichtet werden.

§25. Die Dorfgerichte haben auf das Ofen- und Rauchfangkehren, besondere Aufsicht zu tragen, in den Häusern öfters unvermuthet nachzusuchen, und die nachlässigen Hauswirthe sogleich der Obrigkeit anzuzeigen.

§28. Die Nachtwächter oder die zur Nacht und Feuerwache bestellten Leute sollen von Michaelis bis Ostern von 9 Uhr Nachts bis 4 Uhr früh, und von Ostern bis Michaelis von 10 Uhr bis 2 oder 3 Uhr auf der Wache bleiben.

§29. Die Schuldigkeit ist, immer in dem Orte auf und ab zu gehen und ohne Unterlaß auf das Feuer Acht zu haben; sie sollen daher sich nicht unterfangen, während der Wachzeit sich in Wirtshäuser oder sonst in einem Zimmer aufzuhalten. Sobald sie nur durch den Geruch, durch den Rauch oder sonst auf was immer für eine Art ein Feuer besorgen, und um so mehr bey einem wirklich ausbrechenden Feuer, sollen sie durch Rufen, allenfalls mit einem Blashorne, durch Anschlagen an die Fenster und Haustüren die Einwohner wecken, vor allem aber, wo eine Thurmglocke vorhanden ist, dieselbe läuten lassen.

§33. Um die entstandenen Feuersbrünste desto schleuniger zu löschen, ist schon in vorhinein Sorge zu tragen, daß zur Zeit der Brünste kein Mangel an Wasser, Löschgeräthen und Arbeitern sey. Die Obrigkeit hat daher darauf zu sehen, daß die Brunnen von Zeit zu Zeit fleißig gereinigt, und die Viehtränke, Teiche u. d. gl. In gutem Stande erhalten werden.

§39. Die Herrschaftshäuser und Wirtschaftsgebäude, Klöster, Pfarrhöfe, Fabriken, Brauhäuser, Mühlen, Feuerwerkstätten und alle größeren Häuser sollen mit ordentlichen Löschgeräthen, nämlich mit Dachleitern, Feuerhaken, Handspritzen, Wasserläden, nach Maß ihrer Größe, versehen seyn, um sowohl sich selbst, als auch Anderen Hülfe zu verschaffen. Kleinere Häuser sollen wenigstens eine Leiter, einen Feuerhaken, einige Wasserschaffe (Bütteln – Büttel: kleine Butte mit einem Griff) und eine blecherne Laterne haben. Ueber dies aber sollen sich die Gemeinden für sich selbst, wenn sie aus Abgang der Mittel sonst nichts haben können, wenigstens Eine Feuerleiter, Ein Paar Feuerhaken, einige Handspritzen und ein Paar blecherne Laternen, und, wenn sie vermögend sind, auch Eine oder Ein Paar Wasserladen (Wasserleitern) mit den dazu gehörigen Wagen oder Schleifen anzuschaffen, und immer mit Wasser gefüllt in Bereitschaft halten.

§42. Sobald das Lärm- und Löschzeichen gegeben wird, sollen die Richter und die Geschworenen die Ersten seyn, die sich zu dem Feuer begeben, weil es auf ihr Beyspiel, ihre Anstalten und Befehle, die von der Gemeinde ohne alle Ausnahme auf das genaueste zu befolgen sind, hauptsächlich ankommt.

§45. Auch die Hauswirthe und Knechte sind verbunden, gleich nach vernommenem Feuerrufe mit ihren Löschgeräthen herbey zu eilen, und sich zu den Verrichtungen anzustellen, die ihnen daselbst aufgetragen werden, oder zu welchen sie ohnehin schon bestimmt sind.

§47. Bey dem Feuer ist man zwar allerdings befugt, das anwesende Volk, in so fern es die Noth erfordert, zur Arbeit anzuhalten, und die untauglichen, folglich nur hinderlichen Personen wegzuschaffen; doch soll man jedermann glimpflich behandeln, damit niemand von dem Löschen abgeschreckt werde.

§48. Bey dem Löschen soll, so viel möglich, alles unnöthige Geschrey vermieden, mit dem Zutragen des Wassers Ordnung gehalten, während dessen, daß Einige Wasser zureichen, von den Anderen wieder gehohlet werden u. s. w. Den Weg, woher das Wasser mit der Hand oder auf Wägen zu bringen ist, hat man immer frey zu halten, auch allenfalls mit Laternen zu beleuchten, und die Geschworenen und andere ältere Männer von der Gemeinde haben zu sorgen, daß sich die Leute im Gehen oder Fahren nicht selbst hindern.